Gestresste Frau am Schreibtisch – Symbol für chronischen Stress und Belastung.

Chronischer Stress: Ursachen, Folgen und wirksame Strategien

Kennst du das Gefühl, wenn dir alles über den Kopf wächst und dir einfach alles zu viel wird? Im Alltag sind wir häufig mit Stress konfrontiert, sei es durch die immer näher kommende Deadline im Job oder die Kinder, die noch Hilfe bei den Hausaufgaben brauchen, der Wocheneinkauf aber auch noch ansteht. Solche Phasen kennt jeder von uns – sie gehören zum Leben dazu.

Im letzten Artikel haben wir über die körperlichen und psychischen Symptome von Stress gesprochen und welche Warnsignale deines Körpers ernst nehmen solltest. Heute möchten wir tiefer in die Unterschiede zwischen akutem und chronischem Stress sprechen. Ich möchte, dass du verstehst, warum akuter Stress normal und nichts schlimmes ist, chronischer Stress aber eine große Gefahr für deine Gesundheit darstellt.

Akuter Stress: Mechanismus und Bedeutung

Akuter Stress ist ein uralter biologischer Mechanismus und evolutionär gesehen extrem wichtig, um auf plötzliche Gefahren und Herausforderungen reagieren zu können. Auch hier wieder ein kleines Beispiel aus dem Alltag: Stell dir vor, du läufst über die Straße und du hast ein Auto übersehen, das dir gefährlich nah kommt. Dein Körper reagiert sofort: Adrenalin wird ausgeschüttet, dein Herz schlägt schneller und du springst zur Seite, um nicht vom Auto erfasst zu werden.

Mann überquert hektisch die Straße, während ein Auto bremst – Symbol für akuten Stress.

Dieser Mechanismus läuft in vier Phasen ab:

  1. Reiz: Eine Situation wird als bedrohlich wahrgenommen.
  2. Alarm: Der Körper schüttet Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol aus.
  3. Reaktion: Du reagierst aktiv auf die Herausforderung.
  4. Erholung: Dein Körper kehrt zur Ruhe und in seine Balance zurück.

Dank weiterer Mechanismen in deinem Körper, auf die wir später noch genauer eingehen, werden Stresshormone wie das Adrenalin nach kurzer Zeit wieder abgebaut. Du siehst, akuter Stress vollkommen normal. In manchen Fällen, wie in unserem Beispiel mit dem Auto, ist akuter Stress sogar gesund und lebensnotwendig, da er uns leistungsfähig macht und eine schnelle Reaktion ermöglicht.

Chronischer Stress: Ursachen, Symptome und Herausforderungen

Beruflicher Druck, familiäre Verpflichtungen oder finanzielle Sorgen setzen uns täglich zu. Bist du ständig gefordert, ohne die notwendige Erholung zu finden? Chronischer Stress ist also dein ständiger Begleiter und dein Körper bleibt permanent im Alarmzustand gefangen, ohne in die Erholungsphase zu gelangen. Die natürlichen Prozesse der Stressbewältigung laufen nicht mehr effizient ab. Die zentrale Steuerungseinheit für die Cortisolproduktion (HPA-Achse), bleibt in einem chronisch aktivierten Zustand und führt zu einer Überproduktion von Stresshormonen, die den gesamten Organismus belastet.

Akuter Stress und chronischer Stress sind also jeweils durch unser inneres Stresssystem und vor allem durch Stresshormone reguliert. Wieso sind diese Hormone denn einmal gesund und können dein Leben retten (akuter Stress) und wieso stellen diese Hormone ein anderes Mal  eine Gefahr für deine Gesundheit dar (chronischer Stress)? Deshalb schauen wir uns jetzt einmal an, wie diese Hormone wirken und wie sie wieder abgebaut werden. Damit verstehst du später auch, warum die praktischen Tipps, die ich dir am Ende geben werde, helfen chronischen Stress vorzubeugen.

Was sind Stresshormone und warum brauchen wir sie?

Erinnern wir uns an eine stressige Situation, die du erlebt hast. Denke an die näher kommende Deadline für dein Projekt oder du auf dem Weg in das Büro deines Chefs bist und du dort ein unangenehmes Gespräch erwartest. Vielleicht sind es aber auch die Herausforderungen im Familienleben. Du kommst gerade nach Hause und bevor du deine Tasche abstellen kannst, stürmen deine Kinder auf dich zu. Das eine hat Probleme mit den Hausaufgaben, das andere schreit nach einem Snack und gleichzeitig klingelt das Telefon und der Haushalt wartet auch noch auf dich.

Vater mit Tasche kommt nach Hause, Kinder stürmen auf ihn zu – stressige Familiensituation.

Das alles sind Beispiele, in denen akuter Stress dazu führt, dass dein Körper Hormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol ausschüttet und deinem Körper helfen die Situationen zu meistern. Soweit so gut, aber wieso ist das so? Wie sollen mir Stresshormone helfen, meine Stresssituation zu meistern? Evolutionär bedingt bereitet Stress uns auf eine schnelle Reaktion vor und genau hier kommen die die Stresshormone ins Spiel.

Adrenalin (Epinephrin) – der Feuerwehralarm

Adrenalin wird im Nebennierenmark produziert und wirkt systemisch. Es wird also bei akutem Stress in Sekundenschnelle ins Blut freigesetzt. Adrenalin steigert deine Herzfrequenz, erweitert deine Atemwege und mobilisiert gespeicherte Glukose aus deiner Leber, um deinen Körper schnell mit Energie zu versorgen. Es bereitet deinen Körper also sehr schnell auf die “Kampf-oder-Flucht-Reaktion” vor, bevor andere Mechanismen übernehmen.

Adrenalin ist also wie der Alarm einer Feuerwehrzentrale und die Feuerwehrfahrzeuge, die mit Sirenen und Blaulicht zum Brandort rasen. Der Alarm reißt alle Feuerwehrleute aus ihrem Alltag und bringt die Fahrzeuge in Bewegung. Das alles muss in Sekunden geschehen. Der Fokus liegt auf der sofortigen Reaktion, damit auch schnell geholfen werden kann. In deinem Körper übernimmt Adrenalin genau diese Funktion

Noradrenalin (Norepinephrin) – der Einsatzleiter

Noradrenalin wird ebenfalls im Nebennierenmark und in den Nervenzellen des sympathischen Nervensystems produziert und spielt eine Schlüsselrolle, sowohl als Hormon, als auch als Neurotransmitter. Im Gegensatz zu Adrenalin wirkt Noradrenalin gezielter in deinem Körper. Es verengt die Blutgefäße, um den Blutdruck zu erhöhen und lenkt so über den Blutfluss mehr Sauerstoff zu den lebenswichtigen Organen wie Herz, Gehirn und Muskeln. Außerdem hilft es dir, bei akutem Stress strukturiert und fokussiert zu bleiben, indem es bestimmte Nervensignale verstärkt und unwichtige Reize unterdrückt.

Noradrenalin ist für dich quasi der Einsatzleiter der Feuerwehr. Sind die Feuerwehrfahrzeuge eingetroffen, dirigiert der Einsatzleiter die wichtigen Aufgaben im Einsatz. Es verhindert, dass die Feuerwehrleute nicht kopflos, sondern effizient arbeiten. Genau so regelt Noradrenalin auch in deinem Körper den Blutfluss, die Aufmerksamkeit, um Energie und Ressourcen gezielt zu nutzen.

Cortisol – Das Langzeitmanagement

Cortisol wird in der Nebennierenrinde produziert und wirkt langsamer als Adrenalin und Noradrenalin. Während die beiden ersten Hormone bei akutem Stress innerhalb von Sekunden bis Minuten wirken, wirkt Cortisol über Stunden bis Tage – ist also bei chronischem Stress und dessen Bewältigung zuständig. Es erhöht den Blutzuckerspiegel, indem es Glukose und Fettsäuren aus den Energiespeichern mobilisiert. Cortisol unterdrückt Entzündungen und bei chronischem Stress auch das Immunsystem. Gleichzeitig dämpft Cortisol auch weitere bei Stress unwichtige Prozesse, wie die Verdauung, um Energie zu sparen und bei andauernder Belastung funktionsfähig zu bleiben.

Cortisol ist der Logistiker im Hintergrund, der sicherstellt, dass die Feuerwehrkräfte langfristig mit allem, was sie brauchen, versorgt werden. Ohne diesen strategischen Manager wären die Feuerwehrkräfte langfristig nicht mehr einsatzfähig. In deinem Körper sorgt Cortisol auf ähnliche Art und Weise dafür, dass dir auch bei chronischem Stress die Energie nicht ausgeht.

Nach der Stresssituation baut dein Körper diese Stresshormone wieder ab, damit du wieder zur Ruhe kommen kannst. Chronischer Stress kann jedoch dazu führen, dass dieser Abbauprozess gestört wird.

Stresshormone abbauen: So bringt dein Körper sich ins Gleichgewicht

Dein Körper verfügt über clevere Mechanismen, die dir eine optimale Reaktion auf akuten Stress ermöglichen. Genau so ausgeklügelte Abläufe hat dein Körper, um Stresshormone abzubauen und die Balance wiederherzustellen.

Zwei Menschen sitzen meditierend in der Stadt bei Sonnenaufgang – Symbol für Stressabbau und Balance.

Die Hormone Adrenalin und Noradrenalin werden durch spezielle Enzyme wie Monoaminooxidase (MAO) und Catechol-O-Methyltransferase (COMT) zerlegt. Die Abbauprodukte werden über deine Leber verarbeitet und schließlich durch die Nieren mit dem Urin ausgeschieden.

Cortisol bleibt länger in deinem Blutkreislauf und wird hauptsächlich in der Leber abgebaut. Ein Enzym namens 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase wandelt Cortisol in eine inaktive Form um. Diese wird dann entweder über die Galle in den Darm oder durch die Nieren ausgeschieden.

Normalerweise sorgt dieses System dafür, dass akuter Stress durch eine Erholungsphase abgelöst wird und dein Körper wieder zur Ruhe kommt – also ein Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung möglich ist. Chronischer Stress sorgt dafür, dass dieser Mechanismus aus dem Gleichgewicht gerät, weil dein Körper durch die ständige Ausschüttung von Cortisol überfordert wird. Die Organe, wie Leber und Nieren, die für den Abbau verantwortlich sind, arbeiten nicht mehr effizient. Gleichzeitig wird die Cortisolproduktion weiter angekurbelt, weil die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse) in einem aktivierten Zustand bleibt. Dein normaler Regenerationsprozess deines Körpers wird also unterbrochen.

Chronischer Stress und die negativen Folgen

Jetzt wo du verstanden hast, wie die Hormone in deinem Körper wirken, liegt es auf der Hand, welche Langzeitfolgen chronischer Stress auf deine körperliche und psychische Gesundheit haben können. Schauen wir uns einige der negativen Folgen von chronischem Stress trotzdem an, bevor wir darüber sprechen, welche Strategien es gegen chronischen Stress gibt.

Person im dunklen Raum, Symbol für die negativen Folgen von chronischem Stress.

Schwaches Immunsystem: Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel schwächt das Immunsystem, weil das Hormon entzündliche Prozesse hemmt und die Produktion wichtiger Immunzellen reduziert. Die Immunantwort des Körpers wird verschoben. Diese geschwächte Immunfunktion macht den Körper anfälliger für Krankheiten und verlängert Heilungsprozesse.

Erhöhte Gefahr für Herzinfarkte und Schlaganfälle: Bluthochdruck und eine erhöhte Herzfrequenz belasten das Herz-Kreislauf-System. So wird die Funktion, die bei akutem Stress hilfreich sein soll, auf Dauer zu einer Gefahr für deinen Körper. Die dauerhafte Beanspruchung erhöht das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle und kann somit lebensbedrohlich sein.

Burnout und Depressionen: Die psychische Gesundheit leidet erheblich unter chronischem Stress. Chronischer Stress erhöht die Ausschüttung von Cortisol, das die Produktion von Serotonin und Dopamin hemmt und deren Abbau beschleunigt. Dies kann zu Angstzuständen, Depressionen und Burnout führen. Chronischer Stress führt häufig auch zu Schlafmangel und verschärft den Mangel an Serotonin und Dopamin, da diese nicht ausreichend regeneriert werden. So kannst du dich bei chronischem Stress oft innerlich leer und emotional erschöpft fühlen

Risiko für altersbedingte Krankheiten steigt: Studien zeigen außerdem, dass chronischer Stress die Telomere verkürzt. Telomere sind die schützenden Endkappen der Chromosomen in deinen Zellen und dafür verantwortlich, die genetische Information in den Chromosomen vor Schäden zu bewahren. Diese Veränderung beschleunigt den Alterungsprozess und erhöht das Risiko für altersbedingte Erkrankungen. Wir sprechen hier von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer, Diabetes, chronisch-entzündlichen Krankheiten, Krebs und Hautalterung, die zu den möglichen Folgen gehören können.

Chronischer Stress: Soforthilfe und langfristige Strategien

Stress ist in unserem Leben nicht vermeidbar. Der Umgang mit Stress ist für dich entscheidend. Treibt er dich an oder schadet er dir langfristig? Akuter Stress erfüllt eine wichtige Schutzfunktion und kann dein Leben retten. Chronischer Stress hingegen kann eine Gefahr für deine körperliche und psychische Gesundheit darstellen. Und jetzt zur guten Nachricht: Du kannst diesen Teufelskreis durchbrechen

Frau meditiert bei Sonnenaufgang in einem ruhigen Raum – Symbol für Stressbewältigung.

Um chronischen Stress entgegenzuwirken, musst du als erstes lernen, die Signale des Körpers frühzeitig zu erkennen. Als nächstes ist es wichtig, dass du deinen Körper wieder in Balance bringst, indem du Stresshormone abbaust. Wie du in diesem Artikel gelernt hast, führt chronischer Stress dazu, dass der eigene Mechanismus zum Abbau dieser Hormone gestört sein kann. Welche Maßnahmen kannst du also ergreifen, um Stresshormone abzubauen. Die Strategien zur Bewältigung von chronischem Stress sind so wichtig, dass ich dazu einen eigenen Artikel für dich verfasst habe. Einige Maßnahmen möchte ich dir hier trotzdem kurz an die Hand geben.

Gezielte Erholungsphasen: Du hast gelernt, dass chronischer Stress entsteht, weil du keine ausreichenden Erholungsphasen hast. Plane also aktiv regelmäßige Pausen in deinen Alltag ein, um deinen Körper Zeit zur Regeneration zu geben. Klingt trivial und dennoch nehmen wir uns diese Zeit oft einfach nicht. Wir sagen schnell: “Ich habe keine Zeit mich zu erholen.” Ich möchte hier den Zen-Meister und Benediktinermönch Willigis Jäger zitieren, der sagte: „Wenn du keine Zeit hast, 10 Minuten zu meditieren, meditiere 20“.

Achtsamkeitstechniken: Wo wir gerade bei Meditation sind – Achtsamkeitsübungen wie Meditation oder Atemtechniken wirken direkt auf die HPA-Achse, die für die Cortisolproduktion verantwortlich ist. Achtsamkeit bietet also effektive Techniken, die deinem Körper helfen, aus dem ständigen Alarmzustand herauszufinden. Eine praktische Unterstützung bietet zum Beispiel die App 7Mind, die geführte Meditationen und Kurse speziell für Stressabbau und Achtsamkeit im Alltag anbietet.

Regelmäßige Bewegung: Bewegung hilft, überschüssiges Adrenalin und Cortisol abzubauen und bringt dein Herz-Kreislauf-System wieder ins Gleichgewicht. So wirkst du chronischem Stress nicht nur entgegen, sondern kannst auch die negativen Folgen auf dein Herz und Immunsystem deutlich reduzieren. Dabei reden wir von moderater Bewegung, deinem Trainingslevel entsprechend. Forderst du deinen Körper durch übermäßige körperliche Belastung zu stark heraus, führt dies wieder zu neuem Stress.

Emotionale Unterstützung: Sprich mit Freunden oder Familie. Das hilft dir, Stressoren zu relativieren und emotionale Belastungen zu reduzieren. Soziale Kontakte wirken positiv auf die psychische Gesundheit und mindern das Risiko eines Burnout.

Im nächsten Artikel erfährst du, wie du akutem Stress und chronischen Stress meisterst und langfristig eine nachhaltige Balance zwischen Anspannung und Entspannung schaffen kannst. Bleib dran – für ein gesünderes, ausgeglicheneres Leben.

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